Herzschwäche und Beruf – klappt das?
Nach der Diagnose „Herzinsuffizienz“ (Herzschwäche) ist das Leben meist nicht mehr das gleiche. Ist der Herzschwäche eine koronare Herzkrankheit (KHK) oder ein Herzinfarkt (Myokardinfarkt) vorangegangen und konnten Sie deshalb eine längere Zeit nicht mehr Ihrer Arbeit nachgehen, dann stellen Sie sich bestimmt die Frage, ob Sie wieder Ihren Beruf ausüben können und wenn ja, in welcher Form. Lesen Sie hier was Sie nach der Diagnose tun können, um Ihren Wiedereinstieg in den Beruf zu planen und Ihr Leben wieder aktiv zu gestalten.

Das Wichtigste zuerst: Auch mit einer Herzschwäche ist es möglich wieder zu arbeiten und körperlich aktiv zu sein. Wurde Ihnen ärztlich eine Erholungsphase verordnet, wie zum Beispiel nach einem Herzinfarkt, so ist es sinnvoll, sich in dieser Zeit auf den Wiedereinstieg in den Beruf vorzubereiten. Dies bedeutet, dass Sie bereits während der Rehabilitationsmaßnahmen in der Klinik entsprechende Anträge für Ihre berufliche Rehabilitation (Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, LTA) bei der Krankenkasse, der Deutschen Rentenversicherung oder anderen Sozialen Trägern ausfüllen sollten. Die Arbeitsfähigkeit wird von den behandelnden Ärzten und Gutachtern der Versicherung beurteilt und richtet sich nach dem Schwergrad der Herzschwäche und demnach nach Ihrer persönlichen Belastbarkeit. Diese wird von Ihrem Kardiologen überprüft und mit den Anforderungen abgeglichen, die Ihr Beruf täglich an Sie stellen wird. Je nach Ergebnis seiner Untersuchung bekommen Sie grünes Licht für den Wiedereinstieg.
Damit Sie nicht gleich zu Beginn überfordert werden, erhalten Sie einen Stufenplan zur Eingliederung mit der ärztlichen Einschätzung dazu, wie Sie weiter genesen und damit belastbarer sein werden. So könnte es zum Beispiel sein, dass Sie in der ersten Woche täglich zwei Stunden arbeiten und sich dann die wöchentliche Zahl der Arbeitsstunden jeweils um ein bis zwei weitere Stunden erhöht. Solange, bis Sie wieder auf Ihre volle Stundenzahl kommen. Während Sie krankgeschrieben sind erhalten Sie von der Krankenkasse für bis zu 78 Wochen Krankengeld. Nach dieser Zeit können Sie bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Übergangsgeld stellen. Dieses wird solange gezahlt bis Ihr Arbeitgeber Sie wieder vollständig einsetzen kann.
Stufenweise Eingliederung nach dem Hamburger Modell oder Betriebliches Eingliederungsmanagement?
Wenn Sie länger als sechs Wochen nicht mehr im Job waren, dann können Sie nicht „von jetzt auf gleich“ wieder Vollzeit einsteigen. Gerade wenn Sie an einer Herzkrankheit leiden, sollten Sie besonders darauf achten, sich nicht gleich zu Beginn zu überfordern. Daher besteht für Sie die Möglichkeit, angepasst an Ihre Belastungsfähigkeit, schrittweise wieder in Ihren Beruf einzusteigen. Dies soll Ihnen dabei helfen, Unsicherheiten und Ängste abzubauen und die Gefahr eines krankheitsbedingten Rückfalls zu mindern. Dafür bieten sich zwei Modelle an.
Stufenweise Eingliederung („Hamburger Modell“)
Bei der stufenweisen Eingliederung stellt der Arzt zunächst fest, in welchem Umfang die Tätigkeit aufgenommen werden darf. Die Wiedereingliederung findet bei reduzierter Arbeitszeit bei Ihrem bisherigen Arbeitgeber statt und wird von Ihnen, Ihrem Arzt und Ihrer Krankenkasse gestaltet. Das Ziel ist es, Sie für die Anforderungen an Ihrem alten Arbeitsplatz wieder fit zu machen. Dieses Modell steht nur gesetzlich Versicherten zur Verfügung. Allerdings besteht kein Rechtsanspruch auf diese Art des Wiedereinstiegs in den alten Beruf – daher kann Ihr Arbeitgeber Ihren Wunsch nach Wiedereingliederung ablehnen.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Im Gegensatz zum Hamburger Modell haben Sie Recht auf ein BEM. Das bedeutet, dass Ihr Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, Ihnen den Einstieg per BEM zu ermöglichen welches auch Privatversicherten zur Verfügung steht. Meistens arbeiten hier Betriebsrat, die Schwerbehindertenvertretungen und das Integrationsamt zusammen.
Nach § 84 des SGB IX muss der Arbeitgeber klären, wie sich Ihre Arbeitsunfähigkeit überwinden lässt, damit der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Dies kann bedeuten, dass Ihr Arbeitsplatz nach Ihren Bedürfnissen umgestaltet oder eine andere, passendere Tätigkeit innerhalb des Betriebs für Sie gefunden wird. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist ein offener Prozess, der in eine stufenweise Eingliederung nach dem Hamburger Modell münden kann. So können Sie sich schrittweise daran gewöhnen wieder arbeiten zu gehen und überfordern sich nicht gleich zu Beginn mit den neuen Aufgaben.
Ob Sie jedoch die Eingliederung bei Ihrem ursprünglichen Arbeitgeber durchführen oder sich lieber einen neuen Arbeitsplatz suchen, bleibt Ihnen überlassen.
Bei beiden Modellen zahlt Ihnen die Rentenversicherung ein Übergangsgeld, bis Sie vollständig eingegliedert sind. Dies kann zwölf, in wenigen Fällen auch bis zu 24 Monate dauern. Für die Wiedereingliederung ist Ihre Zustimmung notwendig. Sie können diese Maßnahme ablehnen, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.
Was ist, wenn ich meinen Beruf nicht mehr ausüben darf?
Manchmal ist es Patienten mit einer Herzkrankheit nach der Reha nicht mehr möglich an den alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Dies kann der Fall sein, wenn Ihr Herz bei körperlicher Anstrengung nicht mehr ausreichend pumpen kann, Sie ein bestimmtes Alter haben oder es Ihre Gesamtsituation nicht zulässt. Möglicherweise rät Ihnen Ihr Arzt dann zu einer neuen, weniger belastenden Tätigkeit oder dazu, den Beruf zu wechseln. Die Agentur für Arbeit kann Sie in dieser Situation unterstützen. Dort kann Ihnen, nach entsprechender Beratung, ein Bildungsgutschein für eine Weiterbildung, die zu Ihnen passt, ausgestellt werden. Während der Maßnahme verlängert die Agentur die Zahlung des Arbeitslosengeldes und sichert Sie damit finanziell ab.
Auch bei einer chronischen Herzerkrankung ist es in den meisten Fällen möglich wieder am Berufsleben teilzunehmen und körperlich aktiv zu sein. Wieder berufstätig zu sein ist sogar förderlich für die Gesundheit. Die geistige und körperliche Fitness wird gesteigert, soziale Kontakte und das Selbstbewusstsein gefördert und dadurch „nebenbei“ das Herz stabilisiert.
Quellen
Autorin: Anna Besson, medproduction GmbH, www.medproduction.de
Datum: Dezember 2019
Quellen:
Arbeitsrecht.de: www.arbeitsrecht.de/a624e513/rat-vom-experten/arbeits-und-gesundheitsschutz/arbeits-und-gesundheitsschutz/betriebliches-eingliederungsmanagement.php, abgerufen am 12.12.2019
Karrierebibel.de: karrierebibel.de/wiedereingliederung, abgerufen am 12.12.2019
Ihre Vorsorge.de: www.ihre-vorsorge.de/gesundheit/rehabilitation-ziele-arten-ablauf/berufliche-reha-leistungen-zur-teilhabe-am-arbeitsleben.html, abgerufen am 12.12.2019
Die Techniker Krankenkasse: www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/herz-kreislauf-erkrankungen/koronare-herzkrankheit/tk-plus-bei-khk/dmp-news/herzkrank-und-berufstaetig-sein-2013768, abgerufen am 12.12.2019
Deutsche Rentenversicherung: www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Reha/Warum-Reha/uebergangsgeld.html, abgerufen am 12.12.2019
Baumann Bildung und Qualifizierung GmbH: www.bbq.de/foerderungen/arbeitsagentur-jobcenter, abgerufen am 12.12.2019
AOK: www.aok.de/pk/rh/inhalt/krankengeld-fragen-und-antworten-10, abgerufen am 13.12.2019
9-GE-5-10659-02 12-2019